Rechtliche Situation von Abtreibungen in Deutschland
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zur rechtlichen Situation von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, aber unter bestimmten Bedingungen straffrei.
Gesetzliche Grundlagen im Überblick
Der § 218 StGB: Grundsätzliches Verbot
Nach § 218 des Strafgesetzbuches (StGB) ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig und strafbar. Der Gesetzgeber hat jedoch spezielle Ausnahmeregelungen geschaffen, unter denen ein Schwangerschaftsabbruch straffrei bleibt.
Diese Regelung basiert auf dem Grundsatz, dass das ungeborene menschliche Leben ein eigenständiges, schützenswertes Rechtsgut darstellt. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen festgestellt, dass dem ungeborenen Kind ab der Befruchtung ein eigenständiges Lebensrecht zukommt, das unter dem Schutz der Verfassung steht.
Die Ausnahmeregelungen: Straffreiheit unter bestimmten Bedingungen
Obwohl ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig ist, sieht § 218a StGB folgende Ausnahmen vor, unter denen keine Strafverfolgung erfolgt:
- Die Beratungsregelung (bis zur 12. Schwangerschaftswoche)
- Die medizinische Indikation (ohne zeitliche Begrenzung)
- Die kriminologische Indikation (bis zur 12. Schwangerschaftswoche)
Detaillierte Erläuterung der Ausnahmeregelungen
Die Beratungsregelung
Die am häufigsten angewandte Ausnahme ist die sogenannte Beratungsregelung gemäß § 218a Abs. 1 StGB. Unter folgenden Voraussetzungen bleibt ein Schwangerschaftsabbruch straffrei:
- Die Schwangere verlangt den Abbruch selbst
- Sie kann durch eine Bescheinigung nachweisen, dass sie mindestens drei Tage vor dem Eingriff an einer Schwangerschaftskonfliktberatung teilgenommen hat
- Der Abbruch wird durch einen Arzt durchgeführt
- Seit der Empfängnis sind nicht mehr als 12 Wochen vergangen (14 Wochen seit der letzten Menstruation)
Wichtig: Auch bei Erfüllung all dieser Voraussetzungen bleibt der Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, wird aber nicht strafrechtlich verfolgt.
Die medizinische Indikation
Nach § 218a Abs. 2 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswidrig, wenn nach ärztlicher Erkenntnis der Abbruch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren erforderlich ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden.
Bei dieser Indikation gibt es keine zeitliche Begrenzung. Ein Schwangerschaftsabbruch kann also theoretisch bis unmittelbar vor der Geburt durchgeführt werden. In solchen späten Stadien wird in der Regel ein Fetozid durchgeführt.
Die Gefahr für die seelische Gesundheit der Schwangeren kann auch durch eine zu erwartende Behinderung des Kindes begründet werden.
Die kriminologische Indikation
Nach § 218a Abs. 3 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch ebenfalls nicht rechtswidrig, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches (also ein Sexualdelikt) begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind.
Im Unterschied zur Beratungsregelung ist hier keine Schwangerschaftskonfliktberatung erforderlich. Der Arzt muss sich jedoch davon überzeugen, dass dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf einer Vergewaltigung beruht.
Die Schwangerschaftskonfliktberatung
Die Schwangerschaftskonfliktberatung ist nach § 219 StGB verpflichtend für eine straffreie Abtreibung nach der Beratungsregelung. Sie soll zum Schutz des ungeborenen Lebens durchgeführt werden. Laut Gesetz ist die Beratung ergebnisoffen zu führen, aber vom Grundsatz geprägt, dass das ungeborene Kind ein Recht auf Leben hat.
Die Beratung muss von einer staatlich anerkannten Beratungsstelle durchgeführt werden. Nach erfolgter Beratung wird der Frau eine Beratungsbescheinigung ausgestellt, die für einen straffreien Abbruch nach der Beratungsregelung notwendig ist.
Zwischen der Beratung und dem Schwangerschaftsabbruch müssen mindestens drei Tage liegen (Bedenkzeit). Der Abbruch darf nicht von demselben Arzt vorgenommen werden, der die Beratung durchgeführt hat.
Häufig gestellte Fragen zur rechtlichen Situation
Ist Abtreibung in Deutschland legal?
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, bleiben aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Nach der Beratungsregelung ist eine Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche straffrei, wenn eine verpflichtende Beratung erfolgt ist. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation kann ein Abbruch auch nicht rechtswidrig sein.
Bis zu welcher Woche kann in Deutschland abgetrieben werden?
Nach der Beratungsregelung kann bis zur 12. Schwangerschaftswoche nach der Empfängnis (14. Woche nach der letzten Menstruation) straffrei abgetrieben werden. Bei kriminologischer Indikation gilt die gleiche Frist. Bei medizinischer Indikation gibt es keine zeitliche Begrenzung – ein Abbruch ist theoretisch bis kurz vor der Geburt möglich.
Muss ich für eine Abtreibung eine Beratung machen?
Für eine Abtreibung nach der Beratungsregelung (die häufigste Form in Deutschland) ist eine Schwangerschaftskonfliktberatung bei einer anerkannten Beratungsstelle verpflichtend. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation ist keine Beratung erforderlich.
Wer bezahlt einen Schwangerschaftsabbruch in Deutschland?
Bei einem Abbruch nach der Beratungsregelung muss die Frau die Kosten grundsätzlich selbst tragen (ca. 300-600 Euro). Bei geringem Einkommen übernimmt das Land die Kosten. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen.
Ist bei Minderjährigen eine Einwilligung der Eltern notwendig?
Dies hängt vom Alter und der Einsichtsfähigkeit der Minderjährigen ab. Ab 16 Jahren wird in der Regel von einer Einwilligungsfähigkeit ausgegangen. Bei jüngeren Mädchen ist meist die Zustimmung der Eltern erforderlich. In Ausnahmefällen kann eine Beratungsstelle helfen, eine Lösung ohne Einbeziehung der Eltern zu finden.
Was besagt §218 StGB?
§218 StGB legt fest, dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig und strafbar sind. Der Paragraf definiert jedoch bestimmte Ausnahmen (in §218a), unter denen ein Abbruch straffrei bleibt oder nicht rechtswidrig ist.
Was ist die Beratungsregelung für Schwangerschaftsabbrüche?
Die Beratungsregelung besagt, dass ein Schwangerschaftsabbruch straffrei bleibt, wenn die Schwangere den Abbruch verlangt, eine Bescheinigung über eine Schwangerschaftskonfliktberatung vorweisen kann, die mindestens drei Tage zurückliegt, der Abbruch durch einen Arzt durchgeführt wird und seit der Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind.
Weitere Informationen
Abtreibungsmethoden
Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Methoden, mit denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
Mehr erfahrenPränatale Entwicklung
Informationen über die Entwicklung des ungeborenen Kindes in den verschiedenen Schwangerschaftswochen.
Mehr erfahren